Interview mit Apothekerin Kristina Gand
Als erste Apothekerin in Deutschland wird Kristina Gand Pflegeheime mit vollautomatisch hergestellten Kartenblistern versorgen. Wir haben mit ihr über die bevorstehenden Veränderungen gesprochen.
Die Vorreiterin in der automatischen Verblisterung
Direkt an einer allgemeinmedizinischen Arztpraxis gelegen, gehen täglich viele Kunden in der Rathaus-Apotheke in Mainz-Finthen ein und aus. Für Kristina Gand und ihr Team bedeutet dies eine schnelle, patientenorientierte und effektive Betreuung. Zeit ist hier eine kostbare Ressource.
Umso wichtiger ist es für Apothekerin Kristina Gand, die zusammen mit ihrer Mutter insgesamt sieben Filialien unter dem Namen Apothekenfamilie Mainz führt, Arbeitsprozesse für zukünftiges Wachstum zu optimieren. Zurzeit versorgt die Rathaus-Apotheke unter der Leitung von Nadine Röder 180 Patienten mit manuell befüllten Wochenblistern. Das Maximum ist hiermit erreicht. Um kommende Anfragen von Pflegeheimen bedienen zu können, muss eine neue Lösung her.
Mit dem D³ Daily Dose Dispenser von KNAPP ist diese nun zum Greifen nah. Als erste Apothekerin in Deutschland wird Kristina Gand in den kommenden Wochen das Demozentrum in Klein-Winternheim beziehen und mit der vollautomatischen Verblisterung starten. Wir haben vorab mit der Mainzer Apothekerin über die bevorstehenden Veränderungen gesprochen.
Der D³ Daily Dose Dispenser ist eine weltweite Innovation - was war das ausschlaggebende Argument für Sie, an diesem einmaligen Projekt teilzunehmen?
Kristina Gand: Im ersten Moment dachte ich wirklich: Cool, eine Anlage die endlich automatische Kartenblister produziert und die Tabletten bis zur Verblisterung in ihrem Originalblister lagert - eine unglaublich gute Idee! Die Aussicht auf eine fehlerfreie Verblisterung und eine vereinfachte Endkontrolle sind die ausschlaggebenden Kriterien für die Anlage. Wir sind bereits von Schlauch- auf Kartenblister umgestiegen, da man die einzelnen Becher entnehmen kann und diese mit den entsprechenden Medikamenteninfos beschriftet sind. In der Vergangenheit haben wir es erlebt, dass in Pflegeheimen der Schlauchblister in Töpfchen ohne Beschriftung umgefüllt wurde. Auch wenn diese dann in einem Tablett mit dem Patientennamen gelagert wurden, waren die Kontrolle und die Qualitätssicherung im Prinzip gar nicht mehr gegeben.
Nadine Röder: Bei uns geht jeder Blister, der von uns ausgeliefert wird, nochmal durch die Hände eines Apothekers. In der händischen Verblisterung ist es unmöglich keine Fehler zu machen, daher kontrollieren wir jede Gabe auf Vollständigkeit. Das heißt, wir zählen jede Tablette, die an jedem Tag, in jedem Becher drin ist, durch, sodass die Anzahl stimmt. Zusätzlich erfolgen noch Kontrollen, dass auch die richtigen Tabletten im Becher gelandet sind. Dies geschieht anhand von Farbe, Form und Aufdruck. Und dieser gesamte Prozess bindet im Moment fast die meiste Zeit.
Ihre aktuelle Anzahl von 180 Patienten werden sie mit dem D³-System in rasanter Geschwindigkeit erledigen können. Wie ist Ihre perspektivische Planung für die nächsten ein bis zwei Jahre in Bezug auf die Belieferung von weiteren Pflegeheimen?
Kristina Gand: Der automatisierte Prozess rechnet sich erst ab 800 Betten. Das ist eine Zahl, die wir auf jeden Fall anstreben. Wie schnell wir dahin kommen, hängt natürlich davon ab, wie schnell wir andere Heime akquirieren werden. Es gibt in der Regel Heimverträge, meistens mit einer Laufzeit von einem Jahr. Das bedeutet, man kriegt auch nicht von jetzt auf gleich nochmal 200 Betten dazu. Dennoch möchten wir den Start im Demozentrum zunächst abwarten, schließlich sind wir vertraglich verpflichtet unsere Pflegeheime zu beliefern und müssen dies sicherstellen. Wenn alles reibungslos läuft, dann kann man die Anzahl an Blister natürlich auch aufbauen.
Sie stehen in Kontakt mit der Amtsapothekerin, welche für die Validierung der Räumlichkeiten und des D³-Systems zuständig ist. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Kristina Gand: Wir stehen bereits in Kontakt zu den entsprechenden Behörden. Diese nehmen standardmäßig keine Außendiensttermine vor der Validierung wahr, sondern kommen nur zur Abnahme. Zudem sind sie kein beratendes Gremium. Sobald wir nun die Unterlagen zur Validierung fertig ausgearbeitet haben, werden wir erneut in Kontakt treten und hoffen auf eine zeitnahe Besichtigung der Anlage.
Ein Vorgang, der uns zurzeit 3 Tage kostet, können wir in Zukunft mit 2,5 Stunden umsetzen.
Apothekerin Kristina Gand
Wie werden sich Ihre Arbeitsabläufe mit dem Demozentrum verändern?
Kristina Gand: Das wird sich perspektivisch zeigen. Mit unserer aktuellen Patientenanzahl sind wir nach 2,5 Stunden im Demozentrum fertig. Im Moment brauchen wir dafür drei Tage.
Wenn es also langfristig mehr Patienten werden, dann werden wir natürlich auch unsere Infrastruktur umziehen. Das bedeutet, es wird dauerhaft unser Telefon umgeleitet, ein Rechner mit sämtlichen Patientendaten wird installiert und natürlich wird dann auch aus unserem Team eine PKA fürs Rezeptmanagement und ein Apotheker dauerhaft im Demozentrum sein. Aber diese Struktur wird sich jetzt allmählich aufbauen und wachsen.
Wie bewerten Sie die aktuelle Zusammenarbeit der KIM-Teilnehmer, wenn es um den Austausch von Patienteninformationen geht?
Kristina Gand: Die Vorstellung ist, dass die Ärzte über KIM die E-Rezepte an das Heim schicken, da wir einen Versorgungsvertrag mit den Heimen haben. Diese senden dann die Rezepte an die Apotheken weiter. In der Realität sind die meisten Pflegeheime aber noch nicht an die TI angeschlossen und können somit auch keine KIM- Adresse nutzen.
Nadine Röder: Jeder von uns hat sich durch KIM eine deutliche Vereinfachung des Rezeptmanagements erhofft. Wir dachten, dass wir nur eine Anforderung an den Arzt über KIM schicken und kurze Zeit später unser E-Rezept zurückgesendet bekommen. Technisch würde das auch funktionieren, allerdings ist durch ein Schreiben der Gematik – welche keinerlei rechtliche Relevanz hat – eine gewisse Verunsicherung bei den Ärzten entstanden. Das Makelverbot ist grundsätzlich wichtig, damit die Rezepte nicht gesammelt von der Arztpraxis irgendwohin abwandern.
In meinen Augen verstößt dies aber nicht gegen das Zuweisungsverbot, wenn wir als Apotheke einen behördlich genehmigten Versorgungsvertrag mit dem Heimträger geschlossen haben und das Einverständnis des jeweiligen Bewohners zur Versorgung durch unsere Apotheke vorliegt.
Laut Gematik sollen wir als Apotheke stattdessen die Anforderung an das Heim versenden, dieses muss die Anforderungen dann an die jeweiligen Ärzte weiterleiten. Danach kann die Arztpraxis über KIM die E-Rezepte an das Heim schicken und diese leiten sie letztlich zurück an uns als Apotheke. Nun hat das Heim aber gar keine KIM-Adresse und gar keine Telematikinfrastruktur, über diese sie das beantragen könnten. Dieser Vorschlag ist völlig realitätsfern.
Kristina Gand: Unser Wunsch ist daher ganz einfach: Die Erlaubnis in der Heimversorgung, dass die Arztpraxis an die Apotheke E-Rezepte schicken darf. Das wäre für uns das Optimale.